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Dienstag, 7. Dezember 2010

Neue Technik - Segen oder Fluch


Eigentlich bin ich ja ein absoluter Technikfreak. Sobald ein neues Gerät rauskommt, muss ich es haben, egal was es ist. Hauptsache es läuft Strom durch und es macht irgendwas geiles. Aber dennoch frage ich mich in letzter Zeit immer häufiger, wo soll das noch hinführen und ist das wirklich alles so gut?
 

Ich war vor kurzem auf einem Konzert und da ist mir etwas aufgefallen, was mir zuvor noch nie so aufgefallen ist. Kaum hatte das Konzert angefangen, begannen hunderte Leute damit ihr Handy rauszuziehen, um vom Künstler auf der Bühne ein Bild oder sogar gleich ein Video zu machen. Egal wohin ich mich drehte, irgendjemand hatte sein Handtelefon vor sich und versuchte Aufnahmen zu machen. Ich weiss, ein guter Fotograf soll so viel fotografieren, wie er kann und sollte auch immer für ein gutes Motiv bereit sein. Aber so ist das wohl nicht gemeint. Abgesehen davon, dass man nur die Hälfte des Konzerts mitbekommt, muss man sich auch die Frage stellen, wie viel Sinn das Ganze macht. Mein Wissensstand war bisher der, dass man für die Konzertfotografie, auf Grund des geringen Lichts, unter anderem ein sehr lichtstarkes Objektiv benötigt. Und jetzt glauben wirklich all die Leute, dass sie mit der Handyknipse aus der 34. Reihe unvergessliche Bilder aufnehmen werden, die sie noch ihren Enkelkindern zeigen?

Das glaubt ihr doch selber nicht. Klar werden die Kameras in den Handys immer besser und können viele davon mittlerweile sogar besser fotografieren, als meine erste kompakte digitale, die ich im Übrigen heute noch habe. Logisch kann man mit den Geräten wunderschöne Bilder machen, vor allem auch in Situationen, in denen man seine Spiegelreflex eben gerade nicht zur Hand hat. Aber für die Konzertfotografie sind die Dinger unbrauchbar. Hier nerven sie einfach nur. Überall blitzt es auf, überall leuchtet ein Display und macht die Stimmung kaputt und wenn man sich gerade im falschen Moment umdreht, bekommt man ein hell aufscheinendes Kameralicht voll in die weit aufgerissene Pupille geschossen und man hat nun die nächsten Minuten auf Grund von Kurzblindheit nur Hörtechnisch etwas vom Konzert. Und dass alles nur für ein paar völlig verrauschte und unterbelichtete Aufnahmen? Ich weiss von was ich spreche, habe ich doch auch schon mal versucht, ein einmaliges Bild von Bono und seinen Kollegen aufzunehmen. Einmalig wurde es denn auch. Dass es allerdings ein Einmaliges von U2 war, konnte man nicht einmal mehr erahnen.

Es macht also schlichtweg keinen Sinn, Konzerte mit dem Handy für die Ewigkeit festzuhalten. Die Bilder werden einfach nichts und das hat meiner Meinung nach auch überhaupt nichts mehr mit gewissenhafter Fotografie zu tun. Davon abgesehen, dass es dabei auch gar nicht mehr um die Fotos geht. Die wenigsten Konzert-Kamerafotografen werden Fotografie als ihr Hobby ansehen. Nein, aber es ist ein guter Vorwand, dass Handy herauszuholen und wenn man es dann schon mal in der Hand hat, kann man ja auch noch gleich die Mails checken und wenn man dann schon dabei ist, dann kann man auch noch gleich auf die wahnsinnig wichtige Mail antworten und seinen Freunden mitteilen, dass Heiligabend dieses Jahr am 24. ist. Eigentlich stört dabei nur noch der Hampelmann da vorne auf der Bühne, der seine Lieder singt. Vor noch nicht allzu langer Zeit hat man vor Konzertbeginn noch schnell geschaut, ob das Handy auch ja abgeschalten ist, damit man niemanden stört. Heute wird vorher nur noch geprüft, ob der Akku genug geladen und der Empfang im Saal stark genug ist. Stören tun die Dinger schon länger nicht mehr. Zumindest glauben dass die meisten. Stören tun aus ihrer Sichte wohl eher die, die keines in der Hand haben und die sich vielleicht auch noch über die anderen aufregen.

Nein, mal ehrlich. Habt ihr euch schon mal in einer Konzertpause umgeschaut? Es wird nicht mehr miteinander geredet. Alle starren nur noch auf ihr Handy und sind dabei, irgendetwas wichtiges zu checken. Bei diesem Konzert holte sogar einer sein Netbook aus der Tasche, um in der Pause im Netz zu surfen. So weit ist es also schon. Wir schleppen sogar unsere Computer mit in ein Konzert. Demnächst machen Busse keine Raucherpausen mehr, sondern Akkulade- und WLAN-Hotspotpausen.

Wie gesagt, ich würde mich schon als ein Techie bezeichnen. Auch ich checke die aktuelle Newslage daheim mit dem Tablet-PC, auch ich lasse mich von meinem Navi durch die Gegend führen und wandern gehe ich schon lange nur noch mit GPS. Aber irgendwie geht mir das Ganze langsam zu weit. Ich weiss einfach nicht, wo das alles noch hinführen soll. Wir sind jederzeit und überall vernetzt, erreichbar, können Bilder machen und Neuigkeiten posten. Nichts kann mehr warten, alles muss sofort erledigt sein. Egal ob ich wissen will, wie das Gebäude welches gerade vor mit ist heisst und welche Geschichte es dazu gibt oder ob ich das Produkt, welches gerade in der Webung kam, kaufen möchte. Dank Internet ist alles umgehend erledigt. Früher hat man bei „Wer wird Millionär“ in der Familie Spass gehabt, weil man gemeinsam geraten und gespannt darauf gewartet hat, ob man nun Recht hat. Heute geht es eher darum, wer mit seinem internetfähigen Gerät schneller die notwendige Information aus dem weltweiten Wunderweb gezogen hat. Vielleicht mache ich mir ja umsonst Sorgen und vielleicht bin ich einfach auch schon zu alt für das Ganze. Wahrscheinlich bin ich schon Oldschool, weil ich diesen Blog noch zu Hause am „Grossen“ Desktop-PC schreibe und nicht aus dem Zug per Smartphone über das mobile Internet.

Für mich ist die neue Technik nach wie vor ein Segen. Technik sei Dank können wir heute Dinge, von denen man früher nur geträumt hat. Gerade auch in der Fotografie. Versteht mich also nicht falsch. Ich will das Rad sicher nicht zurückdrehen. Ich bin gern vernetzt, nutze Facebook, Twitter und Co oft und bin froh, heutzutage leicht an Informationen zu kommen. Nur muss das nicht ständig und überall sein. Ein etwas bewussterer Umgang mit den neuen Medien wäre manchmal nicht schlecht. Einfach mal abschalten kann eine wahnsinnige Wohltat sein. Und damit meine ich nicht nur den Kopf. Nicht umsonst legen immer mehr Menschen, einen Handy- bzw. Internetfreien Tag ein. Und es bekommt denen nicht einmal schlecht. Man muss eben doch nicht jederzeit und überall erreichbar sein oder in jeder Situation ein Bild aufnehmen können.

Das Konzert war übrigens das von David Garett in Basel. Ein sehr geniales. Und ich habe keine Fotos davon mit meinem Handy geschossen. Meine Erinnerungsbilder sind alle in meinem Kopf und sicher auch noch in Jahrzehnten abrufbar. Nur kann man diese Bilder nicht auf sein Facebookprofil stellen oder über Twitter in die grosse, weite Welt hinauszwitschern.

1 Kommentar:

  1. Schöner Text und so war. Wir werden immer abhängiger von diesen Dingern. So schön sie ja sind und so weit sie uns in der Zwischenzeit gebracht haben, so mehr kommen wir ohne sie gar nicht mehr zurecht. Ich mache mittlerweile einen Handyfreien Tag und ich muss ehrlich sagen: am Anfang war es verdammt hart. Aber in der Zwischenzeit bekommt mit das Ganze unheimlich. Wie Du richtig geschrieben hast, wir dürfen die Technik nicht mehr verbannen, viel zu wichtig ist sie. Aber wir müssen lernen, sie endlich wieder bewusster einzusetzen.

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